ZMVZ: Versorgungsqualität durch Abbau von Monopolen stärken

Worum geht es?

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) beklagt die Gefahr einer schlechteren zahnmedizinischen Versorgung durch Monopolbildung. Wir nehmen das ernst – allerdings geht diese Gefahr nicht von investorenfinanzierten ZMVZ mit einem Marktanteil von ca. einem Prozent aus, sondern von den KZV-Strukturen selbst. Diese verhindern nicht nur Wettbewerb um die beste Versorgungsqualität, sondern blockieren auch notwendige Weiterentwicklungen, welche die Herausforderungen der modernen Gesellschaft reflektieren (z.B. Wunsch nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei Behandlern, immer aufwändigere Therapien durch ältere Patienten, Qualitäts- und Effizienzsteigerungsmöglichkeiten durch Digitalisierung und technologische Weiterentwicklung).

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Mehr Zeit für den Patienten. Weniger für die Verwaltung. Verwaltungs- und Organisationsaufwand in der Zahnarztpraxis.

Mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit verbringt ein Zahnarzt, der selbstständig niedergelassen ist, heute mit administrativen und regulatorischen Verwaltungsaufgaben. Hinzu kommen Praxisorganisation, Personalführung, Personalsuche, Marketing, Abrechnung und Einkauf. Zeit, die aufgebracht werden muss, damit die Praxis überhaupt jeden Tag läuft. Bei einer Jahresgesamtarbeitszeit von 223 Tagen entfallen –  so ist es im KZBV-Jahrbuch 2017 nachzulesen – 100 Tage auf die Bürokratie. „ Rechnerisch ist in jeder Zahnarztpraxis jeweils eine Vollzeitkraft 100 Tage im Jahr ausschließlich mit Dokumentations- und Informationspflichten beschäftigt“, heißt es dort.  Die andere Hälfte der Zeit (123 Tage) steht für die zahnmedizinische Behandlung der Patienten zur Verfügung. So sieht der übliche Arbeitsalltag eines selbstständigen Zahnarztes aus –  und dazu zählt der Großteil aller Zahnärzte und Zahnärztinnen in Deutschland. Viele junge Zahnärztinnen und Zahnärzte wollen heute lieber angestellt arbeiten: Sie suchen nach größeren Strukturen, die das erlauben. Hier arbeiten sie mit Kollegen zusammen und haben –  neben flexiblen Arbeitszeitmodellen –  die Möglichkeit, viele der so zeitaufwändigen administrativen Arbeiten zu bündeln und durch eine zentrale Fachkraft in der Praxis professionell erledigen zu lassen. Das bedeutet gleichzeitig: Ihnen entsteht so deutlich mehr Freiraum, für die Behandlung und Beratung ihrer Patienten. Für Ihren Beruf „ Zahnarzt“.  Das soll sich nicht wie ein Plädoyer für große Strukturen lesen, nein. Es soll aber aufzeigen, dass es eben heute nicht mehr nur das eine Berufsbild vom selbstständig niedergelassenen „Einzelkämpfer“  Zahnarzt gibt, sondern Wunsch und Wirklichkeit sich von Generation zu Generation und vielleicht auch von Lebensphase zu Lebensphase verändern. Und das ist nun wirklich nicht neu.

Ist der von den Standesvertretern medial breit gestreute Vorwurf, „die konzernartige Monopolstruktur der MVZ wird begünstigt“, haltbar?

Schaut man sich nach drei Jahren ZMVZ die aktuellen Zahlen an, besagen diese folgendes:

  • knapp 600 Zahnartpraxen (von insgesamt ca. 60.000 Zahnarztpraxen) in Deutschland werden als ZMVZ betrieben. Also ca. 1% aller Praxen.
  • Im vierten Quartal 2017 gab es in Deutschland 437 zahnärztliche MVZ. Rund 90 % der ZMVZ sind nicht „neu“, sondern waren vorher z. B. Berufsausübungsgemeinschaften, die sich nun zulassungsrechtlich anders organisiert haben.
  • Die Zahl der in einem ZMVZ tätigen Zahnärzte liegt im Durchschnitt bei 4,5. Die von den Standesvertretungen medial verbreitete Angst vor der „konzernartigen Monopolstruktur der MVZ“ ist damit unbegründet und nicht haltbar.
  • Wirft man einen Blick in die Humanmedizin, sieht man, dass mehr als 13 Jahre nach Einführung der MVZs nur knapp 7% der Behandler als angestellte Ärzte in MVZs tätig. 93%(!) der Ärzte sind demnach nach wie vor als Vertragsarzt tätig.

 

Warum werden von den Standesvertretern nie die Vorteile von ZMVZ herausgestellt?
Diese sind vielfältig und lesen sich wie folgt:

  • Angestellte Zahnärzte können in weniger Zeit genauso viele Patienten versorgen wie ein selbstständiger Zahnarzt, da keine Zeit für administrative Aufgaben und Abrechnungsvorgänge aufgewendet werden muss.
  • Angestellte Zahnärzte können all ihre Zeit dem Patienten widmen.
  • Viele Zahnärzte möchten heute angestellt arbeiten. Die Absolventenquote im Fach Zahnmedizin besteht an den Universitäten heute schon zu über 80% aus Frauen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie lässt sich möglicherweise in einem Angestelltenverhältnis besser darstellen.
  • Buchhaltung, Personalführung und Personalsuche, Qualitätsmanagement und kaufmännische Aufgaben einer Einzel- oder Gemeinschaftspraxis fallen gebündelt im ZMVZ an: Der Zahnarzt ist frei, sich ausschließlich seiner Patienten und seiner Behandlungstätigkeit als Zahnarzt zu widmen.
  • Auch Zahnärzte möchten wählen können, ob sie sich selbst niederlassen oder angestellt arbeiten.
  • Immer mehr junge Zahnärztinnen und Zahnärzte scheuen das Investitionsrisiko einer eigenen Niederlassung und ziehen daher das Angestelltenverhältnis vor.
  • Zahnärzte, die mit ihrer Praxis wachsen möchten, haben mit der Möglichkeit zahnmedizinsicher Versorgungszentren einen probaten und legalen Weg, dies zu tun. Bis 2015 war ein Wachstum häufig nur über rechtlich bedenkliche Partnerschaften –wie Juniorpartnerschaften, in denen Gesellschafter ohne Kapitalbeteiligung in die Praxen aufgenommen wurden, möglich. Das ZMVZ bietet Zahnärzten eine Struktur, die es nicht mehr erforderlich macht, gezwungenermaßen Partner oder Juniorpartner aufzunehmen.

Gesunde Koexistenz von Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxis und ZMVZ

Sowohl die Einzelpraxis, die Berufsausübungsgemeinschaft oder ein zahnmedizinisches Versorgungszentrum können gut nebeneinander existieren. Ganz abhängig von einer Vielzahl von Aspekten sind Zahnärzte frei, zu entscheiden, in welcher Struktur sie arbeiten möchten. Es gibt hier kein Gegeneinander von zahnmedizinischem Versorgungszentrum versus der Einzel- oder Gemeinschaftspraxis. Vielmehr gibt es im Sinne der Zahnärzte ein Nebeneinander und Miteinander. Rein prinzipielle Einwände gegen ein ZMVZ sind weder nachvollziehbar noch zeitgemäß. Häufig scheinen solche prinzipiellen Erwägungen von ideologischen Überzeugungen oder von Angst vor Neuem und Unbekannten getragen zu sein. Diese Angst ist jedoch völlig unbegründet. Wie die aktuellen Zahlen belegen, sind ZMVZ auch nach drei Jahren nicht das vorherrschende Praxis-Modell. Vielmehr gibt es heute eine Vielfalt, ein Nebeneinander der verschiedenen Praxis-Strukturen.

Junge Zahnärzte wollen heute ihren Beruf flexibel in Praxisformen ausüben, die ganz zu ihren Bedürfnissen und Vorstellungen passen

In einer Presseerklärung der KZBV vom 14.11.2018 wird das zentrale Ergebnis der wissenschaftlichen Untersuchung „Die zahnärztliche Niederlassung – Stand der Forschung zur Praxisgründung“ von Dr. David Klingenberger, vom Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Köln vorgestellt: „Die junge Zahnärztegeneration will ihre berufliche Tätigkeit flexibel in Praxisformen ausüben, die ganz auf ihre Bedürfnisse und Vorstellungen, etwa der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, angepasst sind“, heißt es darin. „Dazu bedarf es intelligenter Modelle, die ein positives Gründungsumfeld und eine ökonomisch nachhaltige Praxistätigkeit ermöglichen. Auch für die nächste Generation von Zahnärzten muss – bei gleichbleibend guten ebensbedingungen – die freie Wahl der Berufsausübung bestehen – damit unser Beruf ein freier Beruf bleibt.“ erläutert Prof. Dr. A. Rainer Jordan, wissenschaftlicher Direktor des IDZ. (https://www.kzbv.de/pressemitteilung-vom-14-11-2018.1277.de.html)

 

Gemeinsam für die Zukunft Zahnmedizin

„Die Zahnärzteschaft hat viel zu viele Herausforderungen, als dass sie es zulassen sollte, dass sich kleinere und größere Praxen gegenseitig bekämpfen und sich gegeneinander ausspielen lassen. Es gibt unendlich viele Ziele, die es lohnt, gemeinsam zu verfolgen“, so schreibt es Jens Pätzold, Rechtsanwalt für Medizinrecht, auf www.medizinrecht-blog.de

Er stellt die Frage, warum denn heute mehr und mehr jüngere Zahnärztinnen und Zahnärzte die eigene Niederlassung scheuen? „Das Erfordernis, in immer teurere Gerätschaften investieren zu müssen, Hygienerichtlinien auf höchstem und zum Teil übertriebenen Niveau erfüllen zu müssen und immer höhere Ansprüche beim Qualitätsmanagement bei zugleich sinkende Einnahmen aus der GKV machen die eigene Niederlassung in Zukunft sicher nicht attraktiver. Das sind Punkte, denen man sich gemeinsam berufspolitisch widmen sollte.“ Der Zahnarztberuf muss doch auch in Zukunft attraktiv bleiben. Jeder der sich diesem Beruf verschreibt, sollte die Möglichkeit haben, ihn frei auszuüben und zwar in einer Struktur, die es ihm bzw. ihr erlaubt, Lebensplan und berufliche Tätigkeit miteinander zu vereinbaren. Es wäre in diesem Sinne so wünschenswert, zukünftigen Zahnärztinnen und Zahnärzten zusammen mit ihren Standesvertretungen, diesen Weg zu bereiten.